19.11.2015 Versteckte Düne – Wüstencamp2 (Fred)

unser erster Sonnenaufgang in Mauretanien
unser erster Sonnenaufgang in Mauretanien

Ich wache auf, noch bevor sie Sonne aufgeht. Na ja, um genau zu sein – Elisabeth wacht auf. Nachdem sie unsere Luxusherberge verlassen hat, hält es auch mich nicht mehr im Auto. Ich ziehe mich an und gehe auf Erkundungstour. In der Nacht kam ein Sandsturm auf und der bläst auch jetzt noch ordentlich vor sich hin. Elisabeth winkt mir von einer Düne aus zu, ist aber schon wieder auf dem Rückweg, als auch ich mich dranmache, die Düne zu erklimmen. Kurz unterhalb des Kammes ist der Sand ziemlich fest, so dass man kaum einsinkt. Aber nur wenige Zentimeter daneben ist er weich wie Treibsand und ich versinke bis über den Knöchel.

unser erster Sonnenaufgang in Mauretanien
unser erster Sonnenaufgang in Mauretanien

Oben am Kamm habe ich einen grandiosen Überblick über die Dünenlandschaft. Ich bin auch keinen Moment zu früh, denn gerade beginnen die Dünenkämme im Osten zu leuchten. Wenige Sekunden später erscheint die Sonne über dem Horizont. Ein malerisches Schauspiel, ich stehe da und staune, ab und an zücke ich die Kamera. Auch in dem Bewusstsein, dass man das nicht auf den Sensor bannen kann.

Anschließend gehe ich zurück zum Auto und bereite unseren Kocher vor, um uns einen Tee zu kochen. Obwohl wir hier ziemlich im Wndschatten liegen, braucht der Gaskocher lange, um das Wasser zum sprudeln zu kriegen. Wieder einmal sehne ich mich nach meinem guten alten Benzinkocher, der diesmal zu Hause geblieben ist, weil es gerne mal Probleme am Flugplatz gibt, wenn er nach Benzin riecht.

Unser Wüstencamp
Unser Wüstencamp

Sowohl beim Tee trinken, als auch beim Essen knirscht es ein wenig zwischen den Zähnen, Wüstenfeeling pur. Dann gehen wir ein wenig herum, unterhalten uns mit den Anderen oder suchen nach Fossilien, die es hier zu Hauf gibt. Die schönsten findet man nicht unten im Camp, sondern oben auf den Dünen. Wer die Bilder genau betrachtet, der kann dort weiße Stellen entdecken. Das sind die Reste des ehemaligen Meeresbodens, die der Sand nach und nach freigibt. Schnecken, größer als meine Faust sind da zu finden, noch spannender finde ich die Reliefs, kleine Platten aus Kalk, in denen man jede Menge Schnecken und Muscheln sieht.

Unser Wüstenführer beobachtet die Aktion
Unser Wüstenführer beobachtet die Aktion

Der Mercedes unserer Wüstenführer kommt angefahren. Da Elisabeth gestern diese Episode ausgelassen hat, blicke ich nochmal kurz zurück:
Als wir an der Tankstelle vor der Grenze gewartet haben, kam das Team Jost im Schlepptau – der Motor hatte sich überhitzt. Da es wohl ein größeres Problem war, wurde er kurzerhand über die Grenze bis zu unserem Dünencamp geschleppt. Kurze Zeit später kam ein Wagen mit etlichen Männern drin an – Mechaniker, die Torsten irgendwie organisiert hatte.
Während wir bei den Anderen saßen und die erste Nacht in der Düne genossen haben, machten sich die Mechaniker auf die Suche nach der Ursache fürs Überhitzen. Letztendlich kam der Zylinderkopf an und dabei wurde festgestellt, dass dieser zwei Risse hatte, durch die Kühlwasser in den Brennraum gelangte. Mitten in der Nacht nahmen sie den Zylinderkopf mit, um ihn zu schweißen.

Zylinderkopfwechsel beim Sandsturm
Zylinderkopfwechsel beim Sandsturm

Nun kommt also der Mercedes mit den Mechanikern zurück. Im Kofferraum einen anderen (gebrauchten) Zylinderkopf. Nachdem sie sich mit Vater und John Jost im Preis einig sind, werden die Injektoren und sonstige Peripherie vom alten Zylinderkopf ausgebaut und an den neuen drangeschraubt. Voller Hoffnung, dass die Reparatur gelingt, wartet die komplette Rallyegesellschaft auf die Fertigstellung. Die Zeit vertreibt man sich, um mit einem Kite und einem Snowboard oder Skiern über die Dünen zu surfen (klappt nur leidlich), um neugierig bei der Reparatur zuzusehen, ein Buch zu lesen, sich miteinander zu unterhalten oder einfach nur um zu chillen. Der ein oder Andere hilft ein wenig bei der Reparatur, was aber im Wesentlichen darin besteht, eine Plane auf der windzugewandten Seite hochzuhalten, um damit den Sand, den der Wind mit sich trägt, vom geöffenten Motor so weit als möglich abzuhalten.
Zwei der Mechaniker sitzen im Motorraum des OffRoaders, einige stehen außenrum, einer von ihnen gibt Anweisungen.

Werkzeug
Werkzeug

Auf einer Plane wurde der Werkzeugkasten ausgeschüttet, ab und zu wühlt einer nach dem passenden Werkzeug. Ein junger Mann kocht im Kofferraum des Mercedes Tee und beliefert damit nacheinander die Mechaniker und die Wüstenführer.
Als der Zylinderkopf wieder drauf ist, bekommen sie einen Drehmomentschlüssel gereicht. Sie lehnen dankend ab – so was kennt man hier offenbar nicht. Das Anziehen der Schrauben mit dem richtigen Drehmoment übernimmt der, der vorher die Anweisungen gab.  Ich bin nicht ständig dabei, bekomme deshalb nur am Rand mit, dass es wohl nicht geklappt hat und der Kopf ein paarmal runter und wieder draufgeschraubt wurde. Was genau nichtg funktionierte, habe ich auch nicht mitbekommen.

Sandsturm
Sandsturm

Kurz vor 16:00 Uhr entscheidet die Orga, dass wir aufbrechen. Der Pajero wird nachkommen, wenn er fertig ist. Sonst wird es zu spät, um das nächste Wüstencamp zu erreichen. Einer der Wüstenführer und einer der Pickups mit den Soldarten bleibt ebenfalls dabei. Ah, die Soldaten hatte elisabeth gestern auch nicht erwähnt. Nachdem wir die Grenze passiert hatten, standen plötzlich auf halbem Weg zum Wüstencamp mehrere Pickups mit vermummten, bewaffneten Soldaten am Weg. Die wurden uns als Eskorte von der Regierung zugeteilt. Warum, werden wir erst viel später erfahren: Es gab eine Terrorwarnung in Mali, dem angrenzenden Land.

Wir packen zusammen und bilden unseren Konvoi. Während ich mit dem Volvo ganz gut raus auf die Straße komme, sanden sich andere Teams ein und müssen freigeschleppt werden. Die es geschafft haben, warten derweil an der Straße. Es ist sehr heiß im Auto, weshalb ich die Scheibe ein Stück öffne – natürlich achte ich darauf, dass ich im Windschatten stehe. Als es dann losgeht, und wir auf die Straße eindrehen, kommt der Wind direkt in die Richtung des offenen Fensters. Ich will es schließen aber nichts passiert. Mist. Na gut, hilft nix. So fahren wir mit halb geöffnetem Fenster, schlimm immer dann, wenn der Wind von links kommt oder wenn links neben uns eine Düne ist, die für Verwirbelungen sorgt.

Sandsturm und die Scheibe geht nicht hoch
Sandsturm und die Scheibe geht nicht hoch

Teilweise ist die Straße zur Hälft vom Sand verweht. Aber es wird dran gearbeitet. Ab und an sehen wir einen schweren Radlader, der den Sand von der rechten Seite der Straße aufnimmt und am linken Straßenrand wieder abkippt. Im Bereich des Asphalt wird die Wanderdüne quasi maschinell weiterbewegt. Ab und an gibt es eine Pinkelpause, die Männer gehen rechts der Kolonne, die Frauen links. Ein lustiges Bild.

Gut drei Stunden und ungefähr 150km sind wir unterwegs, dann biegen wir von der Straße am in die Wüste. Der Sand ist tückisch, mal hart wie Beton, dann wieder weich wie Puderzucker. Wir haben uns noch nicht drauf vorbereitet, zum Fahren im Sand wird normalerweise der Luftdruck bis auf 0,5 bar abgesenkt. Mit voll aufgepumten Reifen versuche ich, eine neue Spur zu fahren, denn überall da, wo schon jemand gefahren ist, wird der Sand weich. Gute 10km klappt das gut, dann sind aber so viele Spuren vor mir, dass ich mich entscheide, diese links zu umfahren. Beim Kreuzen der Spuren sande ich mich aber sofort ein.

So, genug Asphalt, wir wollen spielen :)
So, genug Asphalt, wir wollen spielen 🙂

Das Schweizer Team kommt zu Hilfe und hängt mich an. Sie haben zwar keine Erfahrung mit sowas, aber einen Allrad-Offroader. Ich hole unser Schleppsein raus und kurze Zeit später bin ich aus der misslichen Lage befreit. Auf einer festen Stelle bleibe ich stehen, um den Anderen zu helfen. Mein Schleppseil kommt noch einige Male zum Einsatz, auch die anderen geländegängigen Fahrzeuge haben ordentlich zu tun. Beim Schweizer überhitzt die Kupplung, er muss aufgeben. Schade, wenn der Helfer vom Helfen selber Probleme bekommt. Später wird er von Torsten eingewiesen, wie man ein eingesandetes Fahrzeug freischleppt. Die Kupplung benutzt man dabei nicht.

Gegen 19:30 erreichen wir unseren Lagerplatz hinter einer Düne. Die Jungs vom Militärkonvoi parken etwas abseits von uns.

Elisabeth und ich setzen uns zu den Aachenern, zu Mia, Vic, Fred und Dieter, essen gemeinsam und lassen den Tag bei Kerzenschein, Bier und Wasser ausklingen.


Tagesetappe 19.11.2016
Tagesetappe 19.11.2016

Bilder des Tages