07.11.2015 Bern – Montpellier (Fred)

Kurz vor sieben schlage ich die Augen auf, ich habe erstaunlich gut geschlafen. Nicht zuletzt wohl auch wegen der Temperatur. Gestern Nacht um viertel vor elf hatte es noch immer 9 Grad. Auch der heutige Morgen begrüßt uns trocken und freundlich.

In der Raststätte holen wir uns Tee und Gebäck zum Frühstück. Das verzehren wir vor der Tanke, als gerade die Sonne über den Hügel kommt. Eine Frau spricht uns an, sie braucht eine Mitfahrgelegenheit nach Zürich.Leider können wir nur mit Tipps weiterhelfen, wenn unser Gepäck auf dem Bett liegt, dann bleibt nichtmal Platz für einen liegenden Passagier und erst recht nicht für die drei Koffer, die sie dabei hat.

Wir werfen noch einen Blick auf Bern, bevor wir den Volvo umladen, die beschlagene Frontscheibe trockenwischen und uns reisefertig machen. Elisabeth telefoniert noch kurz, dann starten wir den Dieselmotor. Die ersten Kilometer bis kurz hinter Zürich fahre ich, dann wechselt Elisabeth hinter das Volant. Sie hat erst wenig Fahrpraxis mit dem Volvo und die Autobahn ist die beste Möglichkeit, sich an die Fahreigenschaften unseres schwer bepackten Schweden zu gewöhnen.
Wir überqueren die Grenze nach Frankreich und tauchen ein in die teils bizarre Gebirgswelt links und rechts neben der Straße. Ein paar Ballons schweben am Himmel, ein paar Überholende beäugen neugierig unser bunt beklebtes Auto.

Gegen Mittag überholen wir ein weiteres Rallyeauto. Elisabeth hat sie nicht bemerkt, weil sie von einem LKW verdeckt waren, die wir gerade überholten. Ich bitte sie langsamer zu fahren und wenige Kilometer später fahren wir eine Tanke an. Der Caddy mit den Rallyeaufklebern folgt uns, es gibt ein erstes Hallo an der Zapfsäule. Wir tauschen uns kurz aus und stimmen die jeweils geplanten Ziele ab. Elisabeth und ich möchten gerne nach Avignon und die Stadt ansehen, die beiden Anderen wollen lieber Strecke machen. So verabreden wir uns auf dem Campingplatz vor der Fähre und reisen getrennt weiter.

Die beiden fahren gleich wieder los, wir füllen den Tank und auch die Mägen auf, bevor wir uns an die Weiterreise machen. Den Platz hinterm Lenkrad übernehme ich. Einige Kilometer sind es noch bis Avignon, dabei machen wir auch einen kleinen Schlenker weg von der geplanten Route und weil ich den 5Zylinder gemütlich dahinrollen lasse, können wir den Caddy auch gar nicht mehr einholen.
Von der Autobahn ab geht es dann die Rhone entlang bis zum Ortsschild von Avigon. Schon von weitem ist die imposante Stadtmauer zu sehen. Mit den Parkplätzen sieht es nicht gut aus. Auch wenn welche da wären, die Durchfahrtshöhe ist auf 1,90m beschränkt, um die Wohnmobile und Wohnwagen aus der Stadt zu halten. Leider sind auch wir mit unserem Rallyedachträger davon betroffen.
Schließlich finden wir dann doch noch einen Parkplatz mit einer 2m-Durchfahrt, wo wir gerade mal so durchpassen. Ein Stellplatz wird auch gerade frei, ich setze den Volvo rückwärts rein. Dann machen wir uns zu Fuß auf in die Stadt.

Der Weg ins Zentrum führt an einer Creperie vorbei, wo ich nicht widerstehen kann. Auch Elisabeth nimmt sich eine dieser Leckereien. Die Dinger haben gut 40cm Durchmesser, in der ’nur mit Zucker‘-Variante kostet er 1 Euro.
Während wir uns das Gebäck schmecken lassen, schlendern wir durch enge Gassen, die mich immer wieder an den Film Chocolat erinnern. Die Kirche im Stadtzentrum besichtigen wir, bevor wir uns auf den Weg zum Palast machen. Krass und gewaltig präsentiert sich der ehemalige Papstsitz. Die meterhohen Fassaden sind direkt auf den Fels gesetzt, die Gassen dazwischen sind in dem Stein gehauen. Der Platz vor dem Eingang ist gefüllt mit Menschen. In den unterschiedlichen Ecken befinden sich Straßenmusiker unterschiedlichster Stilrichtung, ein Sammelsurium an Farben, Gerüchen und Tönen.
Das Innere des Palastes sehen wir uns heute nicht an, wir wollen noch runter zur berühmten Brücke. Die 5 Euro Eintritt, um auf die Brücke zu kommen, sparen wir und und begnügen uns mit dem Anblick von unten. Die Sonne brennt unbarmherzig, vorhin im Auto hatten wir 21 Grad gemessen – und das im November!
Langsam schlendern wir zurück zum Parkplatz, starten den Motor und Fahren weiter in Richtung Nimes. Die Autobahn führt nach Südwesten, so haben wir die Sonnen die meiste Zeit direkt voraus. Ungefähr eine Stunde länger als zu Hause hält sie es hier am Himmel aus, bevor sie mit einem grandiosen Feuerwerk an Farben vor uns hinter einem Hügel verschwindet. Das Abendrot glüht noch lange über den Horizont. Für uns wird es langsam Zeit, nach einem Campingplatz zu suchen. Den finden wir gute 40 km später. Die Anfahrt ist recht abenteuerlich – ohne Navi würde man so eine Straße in einer unbekannten Gegend vermutlich nicht so einfach nehmen. Wir kommen gut an, suchen uns einen Stellplatz und checken ein. Der Betreiber verkauft uns einen WLAN-Zugang, der nicht funktioniert. Genervt nimmt er den Voucher zurück und meint, es läge an unserem Notebook. So bleiben wir halt die zweite Nacht ohne Netz – schließlich wollen wir ja Abenteuer und keinen Luxusurlaub.

745km Tagesetappe inkl. Stadtbesichtigung. Wir sind zufrieden.