17.06.2014 Umea – Kiruna (Fred)

Gegen 5 Uhr weckt mich Elisabeth, weil ihr die Sonne direkt ins Gesicht scheint. Es st so wie bei uns zu Hause morgens um 10:00 Uhr. Mit gerade 4 Stunden Schlaf bin ich noch zu müde für große Aktionen. So nehme ich einfach mein Handtuch und hänge es mit zwei Klemmen hinten quer in die Heckscheibe. Denn natürlich hatte ich gestern das Auto so hingestellt, dass wir von unserer Nobelliege aus einen Blick aufs Wasser hatben und das war Richtung Nordosten. Zwei Stunden später dann der offizielle Wecktermin. Ich bin noch immer etwas träge, Elisabeth springt voller Elan aus dem Auto, was auch meinem Dösen bald ein Ende setzt. Auf der Suche nach einem WLAN fahren wir durch …, werden aber nicht fündig. Dafür finden wir die Abfahrt zu der Straße, der wir heute folgen wollen. Wird auch unterwegs mal was geben, denken wir und folgen dem Wegweiser. Etwas weiter oben sehen wir einen Supermarkt und fahren nochmal ab. Denn die heutige Tagesaufgabe erfordert, dass wir noch einen Einkauf tätigen.
Kauft eine Büchse Surströmmen, öffnet sie und fahrt mit ihr 200km im Auto, so lautet die heutige Tagesaufgabe. Zuerst finden wir die schwedische Delikatesse nicht. Elisabeth spricht eine junge Vrekäuferin an, diese wiederum fraugt eine Kollegin und die weiß, was wir wollen. Dennoch fragt sie sicherheitshalber nochmal nach. Ja, ist schon richtig, antworten wir, als sie uns darauf hinweist, dass der Fisch ziemlich stinkt. Wir erklären den Beiden unsere heutige Aufgabe, sie schauen immer noch ungläubig, lachen aber mit uns. Zumindest, was die Völkerverständigung betrifft, hat de heutige Tagesaufgabe schon mal funktioniert.
Wir nehmen auch noch ein paar Backwaren zum Frühstück mit. Elisabeth frühstückt während der Fahrt, ich sitze hinter dem Lenkrad und hebe mir das für später auf – wenn ich dann noch Appetit habe.
Wir fahren nicht die große Straße, die weiter der Ostseeküste folgt, sondern queren über eine Hochebene. Nachdem wir fast 100km hinter uns gebracht haben, fasse ich Mut und nehme mir die Tagesaufgabe vor. Wir halten auf einer einsamen Straße an einem Parkplatz – weit weg jeglicher Zivilisation. Dann hole ich sie hervor, die Dose mit dem Surströmmer, die Dose der Pandorra. Jetzt werde ich diese öffnen. Ich habe schon vieles über diese schwedische Delikatesse gehört. Manche sagten, man soll auf jeden Fall Gummihandschuhe anziehen, andere meinten, den Geruch kriegt man auch trotz der Handschuhe ab. Zuerst begutachten wir die Dose, ein Beweisfoto soll zeigen, dass sie vorher ungeöffnet war. Die Dose ist erst vor Tagen abgefüllt worden, das Verfallsdatum erst in zwei Jahren, dennoch zeigt sich schon Rost am Falz. Ob das Zeug da drinnen so aggressiv ist?
Egal, ich hole mein Werkzeug heraus und stelle die Dose in sicherer Entfernung vom Auto auf den Asphalt. Elisabeth dokumentiert das Ganze per Video. Ich setze den Dosenöffner an und steche in Loch ins Blech. Das Werkzeug ist gut scharf und schneidet das Blech wie Butter. Kaum dass das Blech eine Öffnung hat, kommt mir die Soße schon in einem kleinen Strahl entgegen – was für ein Gestank!
Gar nicht auszudenken, wie die Fontäne ausgesehen hätte, wenn ich die obere Dose aus dem Kühlregal genommen hätte. Bei der waren Boden und Deckel bereits gewölbt.
Das Loch alleine hilft uns noch nicht weiter. Elisabeth tritt ein paar Schritte zurück, ich muß weiter ran. Stück um Stück öffne ich die Dose mit dem Werkzeug – merke, dass ich schon lange keine Konserve mehr geöffnet habe, weil ich auch unterwegs frisches Essen mittlerweile vorziehe. Nachdem ich zwei Drittel des Randes aufgeschnitten habe, biege ich den Deckel um. Der Gestank ist unerträglich! In einer weißlichen Brühe schwimmen eine Art Matjes herum. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die das essen.
Ich schütte einen Teil der Soße weg – die Stelle wird man wohl wochenlang wiederfinden. Dann kommt die eigentliche Aufgabe: Fotografiere die Dose gleichzeitig mit dem Kilometerzähler des Autos, fahre 200km mit der Dose und wiederhole das Foto als Beweis, dass die Dose 200km dabei war.
In einer Hand die Spiegelreflex, in der anderen die Dose mit dem Fisch – nachdem die Prozedur vorbei ist, schnell wieder aus dem Auto und die Büchse in eine – in weiser Voraussicht zusammen mit dem Fisch – gekaufte Frischhaltedose. Nicht auszudenken, wenn man die Dose offen ins Auto stellt und ein wenig von der Soße kommt ins Auto. Die Aufgabe sieht wörtlich vor, die offene Dose zu transportieren. Wir hoffen, dass die Idee mit der Frischhaltedose als kreative Lösung akzeptiert wird. Natürlich fährt die Frischhaltedose im verschlossenem Zustand mit. Wir beide waschen und desinfizieren uns die Hände, auch das Lenkrad reibe ich ab.
Weiter geht die Fahrt, den Geruch kriegen wir so schnell nicht aus der Nase. Selbst jetzt beim Schreiben meine ich, diesen beißenden Gestank zu riechen. Nicht auszudenken, wenn man aus dem Urlaub eine Besonderkeit mitbringen will, man bekommt diese Spezialität empfohlen und gibt es Freunden weiter. Darüber können wir während der Fahrt jedenfalls herzlich lachen.

Hinter einer Kurve eine Herde Rentiere auf der Straße. Ich bremse ab und mache den Motor aus, um die scheuen Tiere nicht zu erschrecken. Die beäugen mich, als ich mich ihnen mit der Kamera nähere. Dann kommt ein Auto aus der Gegenrichtung angeprescht, worauf sich die Tiere auf sicheres Terrain zurückziehen. Ein paar Fotos kann ich dennoch machen.
Wir passieren … und fahren weitere 40km, bis wir einen Platz zum Anhalten finden. Geschafft! Sogar mehr als die geforderten 200km. Zeit, den Surströmmer los zu werden, bevor noch ein Unheil geschieht. Auch diesmal haben wir einen Platz weitab von Gebäuden ausgesucht. Die leere Büchse in der Frischhaltedose wandert erstmal auf das Dach – obwohl niegelnagelneu werden wir diese auch entsorgen.

Photocompetition: My Iron MaidenDas tun wir an einer Tankstelle, wo wir sowieso anhalten wollen, um den Kraftstoffvorrat aufzufüllen. Neben uns steht eine Frau mit langen blonden Haaren und Zöpfen – ideal für eine der Rallyeaufgaben: Findet die längste, hübscheste Blondhaarige und lasst euch mit ihr fotografieren. Nachdem ihr Elisabeth die Rallye erklärt hat, meint sie: Das wollt ihr mit einem normalen Pkw machen? Ich kann mir das nicht vorstellen. Das Fotoshooting macht sie bereitwillig mit.

Nun sind wir schon etliche Stunden unterwegs und haben noch kein einziges Rallyeauto gesehen. Gut, wir sind früh los. Dennoch vermuten wir, dass viele die etwas kürzere Küstenstraße genommen haben. Wie gerne wäre Elisabeth mal Mäuschen, wie die anderen Teams mit der Fischaufgabe umgegangen sind.
Wir genießen die Fahrt über die Hochebene, sehen jede Menge Schluchten, reißende Bäche und Flüsse, Seen und Stauseen. Seit geraumer Zeit regnet es ein wenig, das macht uns im Auto aber nichts. Ein paar Motorradfahrer begegnen uns, ich denke an meine Touren auf zwe Rädern, auf denen ich ordentlich nass geworden bin.
Wir passieren den Polarkreis – Elisabeth fährt und hat es übersehen. Ich bitte sie, nochmal für ein Foto umzudrehen. Danach fülle ich den Schraubverschluss der Wasserflasche und gebe ihr eine Polarkreistaufe – bei mir damals 1981 hat das der Petrus gemacht und war dabei nicht kleinlich mit dem Wasser 😉
Als wir auf die E10 stoßen fahren wir an einen Stau vor einer Baustelle. Hier treffen wir auch wieder auf andere Teams. Die Baustellenampel braucht ewig, bis sie umschaltet, dann fährt ein Leitfahrzeug voraus, wohl damit niemand zu schnell durch die Baustelle brettert.
In … füllen wir unsere Lebensmittelvorräte auf – morgen ist ja Grillen auf den Lofoten angesagt. Da treffen wir auch auf ein anderes Team. Die haben übrigens den festen Vorsatz, den Fisch probieren zu wollen. Schade, dass ich nicht dabei sein kann.
Nebenan tanken wir nochmal voll, dann setzen wir unseren Weg nach Norwegen fort. Neben uns ein langer Zug mit einer der modernsten Loks Europas vorne dran. Aufgrund der hohen Zuglast fährt er maximal 80 km/h, weshalb wir ihn mehrmals überholen und fotografieren/filmen können.
Es weht ein stürmischer, kalter Wind. Wir machen uns auf die Suche nach einem Schlafplatz – dabei sind wir nicht die Einzigen. Es gibt Halteplätze für Wohnmobile oder Campingplätze. Wildes Campen ist fast nirgends erlaubt.
An einem See finden wir schließlich einen Platz, wo wir bleiben wollen. Es gibt einfache Toiletten und eine Art Schutzhütte. Während Elisabeth das Auto schlaffertig macht, gehe ich mit meinen Benzinkocher in die Hütte und bereite unser Abendessen zu.
Als wir ins Bett schlüpfen regnet es draußen und es weht ein stürmischer Wind.
Elisabeth schläft wie immer nach wenigen Minuten – das ist auch der Grund, weshalb ich momentan so häufig das Rallyetagebuch schreibe. Während ich tippe, kommt das Team 100 angefahren. Ich sage ihnen, dss sie doch in der Hütte schlafen sollen, dann brauchen sie das Zelt nicht im Sturm aufstellen. Sie fahren wieder, kommen aber später zurück und befolgen meinen Rat.